Jähzorniger Vermieter lässt Familie im Kalten sitzen – neuer Boiler erkämpft

Im Juli 2023 erreichte uns eine Anfrage aus Borghorst, Steinfurt. Von der Familie A. wurde uns geschildert, dass sie seit mehreren Monaten ohne warmes Wasser und ohne Heizung leben müssen. Der Warmwasser-Boiler erzeugt keine Wärme, dafür aber kleine Explosionen und Gasgeruch. Zu fünft wohnen sie in einem Mehrfamilienhaus: Mutter, Sohn und dessen Frau, außerdem ein Kleinkind und ein Neugeborenes. Gerade in Anbetracht des herannahenden Winters und für die Versorgung eines Kleinkindes generell, sind Warmwasser und Heizung in der Wohnung essenziell.

Werden wir unsere Wohnung verlieren, wenn wir auf Warmwasser bestehen?

Die Gespräche mit dem Vermieter hatten bis dato keinen Erfolg gebracht, da er sich, trotz rechtlicher Zuständigkeit (§535 Satz 2 BGB, siehe Erklärung weiter unten), nicht kümmern und vor allem die Reparatur und den Austausch des veralteten Gerätes nicht bezahlen wollte. Die geschilderte Lage zeigt uns, dass nicht nur große Mietkonzerne in erster Linie an ihrem Profit interessiert sind, sondern auch private Vermieter sparen, wo sie nur können. Sie nutzen in diesem und anderen Fällen den migrantischen und prekären Status ihrer Mieter aus, und spekulieren darauf, dass man sich nicht gegen ihre Willkürherrschaft wehren wird. Außerdem nutzen sie aus, dass es existenzielle Angst macht, wenn der eigene Wohnraum zum Problem wird.

Bei der Stadt fühlt sich niemand zuständig, wer kann uns helfen? 

Der Vermieter ist in Borghorst und Umgebung für den schlechten Zustand seiner Wohnungen und sein aggressives, unberechenbares und cholerisches Aufreten bekannt. Keine Sanitärfirma will sich dem gefährlichen Warmwasser-Boiler annehmen, weil Aufträge im Namen dieses Vermieters bedeuten, sich mit unbezahlten Rechnungen herumzuschlagen. Sowohl die Stadtverwaltung als auch die -bevölkerung wissen um die wiederkehrenden Konflikte zwischen ihm und seinen Mietern. Doch zuständig fühlt sich in diesem Fall niemand. Familie A. ist auf sich alleingestellt. Nachdem sie eigenständig eine Mietminderung vollzog, kommt der Vermieter randalierend zur Wohnung. Schreit im Treppenhaus und schlägt gegen die Tür, dessen Schloss bereits aus Angst ausgetauscht werden musste – es besteht die berechtigte Sorge, dass der Vermieter die Wohnung bereits ohne Ankündigung und Zustimmung betreten hatte. Familie A. fürchtet nun neben der Gefahr durch den Boiler zusätzlich um ihre körperliche Unversehrtheit durch den Vermieter. 
Gemeinsam mit dem SoliNetz erarbeitet die Familie bei einem Treffen schließlich eine finale Forderung an den Vermieter und beschließt ein gemeinsames Vorgehen, wie diese Forderung auch erreicht werden kann. 

  1. Lokale Netzwerke in Steinfurt sollen aktiviert und eingebunden werden.
  1. Das Jobcenter Steinfurt soll erneut in die Pflicht genommen werden, man würde gerne in einem anderen Mietverhältnis – fernab des jetzigen Vermieters – unterkommen.
  1. Eine Rechtsschutzversicherung soll abgeschlossen werden, um bei möglichen rechtlichen Schritte in der Zukunft eine finanzielle Absicherung zu haben.
  1. Ein Brief mit Forderungen und der Androhung weiterer rechtlicher Schritte soll formuliert werden. (Alle eingesetzten Briefe haben wir als Beispielmaterial auf unserer Homepage  unter „Material“ veröffentlicht.) 

Schon nach dem Einreichen des ersten Briefes, den eine Initiative aus Steinfurt für uns ins Türkische übersetzte, tat sich etwas. Der Vermieter kündigte an, die Reparatur und den Austausch des Gerätes zu bezahlen. Einen zweiten Brief unterzeichnete er schließlich und bestätigte damit, dass er bei der Firma in Vorausleistung gehen wird, damit die Familie später nicht auf den Kosten sitzen bleiben wird. Letzlich kam es zur Erbringung der Forderung: Der Vermieter zahlte den neuen Boiler und die mietende Familie hat nun endlich wieder warmes Wasser und eine funktionierende Heizung. 
An diesem Fall hat sich deutlich gezeigt: Wenn wir uns zusammentun, reicht es oft schon aus, deutlich zu machen, dass wir viele sind und uns nicht leicht abspeisen lassen. 
Wir kämpfen mit euch gemeinsam! SoliNetz Münster

gemeinsam ☆ von unten ☆ kämpfen!


§535 Satz 2 BGB: Dieses Gesetz verpflichtet den Vermieter, die vermietete Wohnung instandzuhalten. Das heißt, dass er z.B. Fenster, die Heizungen, den Boiler, die Toilette und so weiter reparieren (lassen) muss, wenn etwas kaputt geht. Dass er das tut, kann man als Mieterin oder Mieter einfordern.Im Zweifel sogar mit einer Mietminderung. Wenn euer Vermieter diesen Forderungen nicht nachkommt, meldet euch bei uns und wir stellen gemeinsam eine Forderung und überlegen, wie euer Recht durchgesetzt werden kann.

Kündigung der Wohnung – Solidarische Prozessbegleitung

Eine unserer Mitstreiterinnen bat uns um Hilfe. Ihrem Vermieter ist das Mietverhältnis mit ihr und ihren drei Mitbewohnerinnen lästig geworden. Aus diesem Grund kündigte er die Mietverträge mit teilweise absurden Begründungen, bediente sich verschiedener Tricks, ließ wenig unversucht um seine Mieterinnen vor die Tür zu setzen und reichte schließlich eine Räumungsklage gegen unsere Mitstreiterin beim Amtsgericht ein. Wir begleiteten den Prozess und wollen hier davon berichten.

Das „eigene“ Zuhause nimmt in den Leben von uns allen eine sehr wichtige Rolle ein. Unser aller Leben spielt sich viel an und um diesen Ort ab. Wenn wir von unserem „eigenen“ Zuhause sprechen, meinen die meisten von uns Wohnungen, in denen wir zur Miete wohnen, die uns aber nicht gehören. Hier werden wir geduldet, solange wir unsere Miete pünktlich zahlen und sich unsere Vermieter:innen nicht plötzlich überlegen, die Immobilie doch anderweitig nutzen zu wollen.

Insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen ist es bereits schwer genug überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Hat man dann eine solche gefunden, muss man fürchten von den Vermieter:innen willkürlich vor die Tür gesetzt zu werden.

Vermieter:innen selbst haben kein Interesse daran, Rücksicht auf unsere Belange zu nehmen. Viele von uns kennen sich mit den gesetzlichen Regelungen nicht aus und einen Anwalt muss man sich zunächst leisten können. Hinzu kommt, dass man langwierige, existenzbedrohende Konflikte eigentlich nie gebrauchen kann und diesen nach Möglichkeit aus dem Weg geht. Auch der Umstand, dass Vermieter:innen in vielen Fällen langjährige Erfahrung in Sachen Mietstreitigkeiten haben und durch diese nicht riskieren ihr Zuhause zu verlieren, führt dazu, dass bei Streitigkeiten dieser Art ein krasses Machtgefälle besteht.

Auf diese Weise bekommen unsere Vermieter:innen auf unsere Kosten ständig ihren Willen. Das ist nicht nur oft unrechtmäßig sondern vorallem ungerecht!

So erging es auch einer unserer Mitstreiterinnen vom SoliNetz. Ihr, ihren drei Mitbewohnerinnen und zwei weiteren WGs im Haus wurde im Sommer 2021 erstmals gekündigt. Der Vermieter beabsichtigte die in Aasee-Nähe gelegenen Wohnungen mit jeweils sechs Zimmern zu hübschen Vier-Zimmer-Wohnungen umzubauen, welche dann für mehr Geld an Familien oder Pärchen vermietet werden sollen. Die lieb gewonnenen Zuhause zahlreicher Mieter:innen sollten zugunsten der Profitinteressen einer Einzelperson weichen.

Wie sich herausstellte war die ausgesprochene Kündigung nicht ausreichend begründet und deshalb unwirksam. Tatsächlich gibt es nur wenige Gründe in Deutschland, die es Vermieter:innen ermöglichen Mietverträge zu kündigen. Mit Hilfe des Mieter:innen-Schutzvereins wehrten sich die vier Bewohnerinnen gegen die Kündigungen und schlossen sich mit den andern WGs des Hauses zusammen. Dieser Umstand allein genügte jedoch nicht, um den Vermieter von seinem Vorhaben abzubringen. Im Gegenteil.

Es folgte eine weitere Kündigung mit unzureichender Begründung, unangemeldete
Besuche der Mietwohnungen, die Drohung die Wohnung einfach mit eigenem Schlüssel zu betreten, eine weitere (dieses Mal auf einen offensichtlich vorgeschobenen Eigenbedarf gestützte) Kündigung und schließlich im Januar 2023 die Klage vor dem Amtsgericht Münster.

Durch diese Strategie des beharrlichen Zermürbens erreichte der Vermieter den Auszug seiner Mieter:innen aus zwei von drei WGs im Haus. Einzig unsere Mitstreiterin vom SoliNetz und ihre Mitbewohnerinnen haben nicht klein beigegeben. Ein Kampf, den wir gerne unterstützen!

Zu diesem Zeitpunkt dauerte der Konflikt bereits 2,5 Jahre an, sodass unsere Handlungsmöglichkeiten leider begrenzt waren. Was wir jedoch tun konnten war unsere Mitstreiterin während des Prozesses zu begleiten und nach Kräften zu unterstützen.

Denn solche Situationen sind nie schön. Noch schlimmer ist es, diese alleine durchstehen zu müssen. Aus diesem Grund sind wir am 12. Mai zahlreich zur Gerichtsverhandlung unserer Mitstreiterin erschienen. Hierdurch wollten wir ihr nicht nur den Rücken stärken, sondern auch unsere Solidarität mit Mieter:innen zum Ausdruck bringen, denen der Verlust ihres Zuhauses droht, nur damit reiche Leute noch ein bisschen reicher werden.

Unsere deutliche zahlenmäßige Überlegenheit hat unserer Mitstreiterin den Rücken gestärkt und die ganze Situation war weniger einschüchternd für sie. Das „große öffentliche Interesse“ wurde auch vom Richter mehrmals angemerkt.

Unsere Mitstreiterin hat sich mit dem Vermieter vor Gericht darauf geeinigt, ihr Studium noch zu beenden und anschließend auszuziehen. Zudem trägt er die Kosten des Verfahrens. Das ist eine Lösung, mit der sie leben kann. Wir freuen uns, dass ihr kräftezehrender Kampf somit ein Ende gefunden hat und wir ihr zumindest ein bisschen helfen konnten. Dennoch sind wir stinksauer, dass wieder einmal günstiger Wohnraum verloren geht und die Profitinteressen hier auf lange Sicht gewinnen. Doch wir kämpfen weiter!

Uns vom SoliNetz Münster ist es wichtig, dass niemand mit Problemen alleine gelassen wird. Als Mieter:in ist man gegenüber Vermietern häufig in der schwächeren Position. Viele fühlen sich mit solchen oder ähnlichen Problemen allein gelassen und überfordert. Das wollen wir ändern! Auch ihr müsst nicht alleine kämpfen! Meldet euch bei uns, zusammen können wir uns wehren!

Lasst uns:

gemeinsam ☆ von unten ☆ kämpfen!

Revolutionärer 01.Mai in Berg Fidel – Das SoliNetz stellt sich vor

Gemeinsam mit vielen Menschen aus Berg Fidel und der ganzen Stadt haben wir am 01.Mai ein Viertelfest im Sternbuschpark in Berg Fidel gefeiert. Das von der Stadtteilinitiative Berg Fidel Solidarisch organisierte Fest war sehr gut besucht und es herrschte eine durchweg schöne Stimmung. Begleitet wurde der Tag durch verschiedene Essensangebote, Spiel und Spaß für Groß und Klein und das Malen von Plakaten für den Protest gegen den Wohnkonzern LEG. Auch der kämpferische Teil kam bei dem Fest nicht zu kurz. Es gab verschiedene Redebeiträge einiger Gruppen und Initativen aus Münster sowie von Nachbar:innen aus Berg Fidel. Betont wurde bei allen Redebeiträgen, dass wir uns zusammenschließen und uns gemeinsam organisieren müssen um eine Gegenmacht von unten aufzubauen. Im späteren Nachmittag wurde gesungen und getanzt bis ein unerwarteter Regenschauer leider den Auftritt einiger Bands verhinderte und somit das Fest vorzeitig beendete.

Auch wir als SoliNetz nutzten die Chance uns vorzustellen, schließlich wollen wir wachsen und erste Kämpfe führen. So hielt ein Mitglied unseres Netzwerkes eine Rede, in der die Idee des SoliNetzes vorgestellt wurde, verbunden mit der Einladung, sich mit Problemen an uns zu wenden und Teil des Solidarischen Netzwerks zu werden. Zudem hatten wir einen Infostand an dem wir Flyer verteilten und mit vielen Menschen ins Gespräch kamen.

Trotz des verfrühten Endes gehen wir gestärkt aus dem Tag heraus. Es inspiriert uns, wie sich die Nachbar:innen in Berg Fidel organisieren und zusammen kämpfen. Wir haben uns ausgetauscht, getanzt, gelacht und setzen unsere Arbeit mit dem Gefühl fort, Teil einer größeren Bewegung zu sein!

Gemeinsam ☆ von unten ☆ kämpfen!

Flyeraktion bei Flaschenpost

Auf dem Bild ist ein Flyer mit der Überschrift "Deine Rechte als Arbeiter:in bei Flaschenpost" zu sehen. Im Hintergrund ist die Flaschenpostniederlassung Münster erkennbar

Letztes Wochenende haben wir bei Flaschenpost in Münster Flyer verteilt. Wir wurden von Leuten, die dort gearbeitet haben, über Arbeitsrechtsverletzungen informiert. Etwa sollte die Sicherheitseinweisung für neue Arbeiter:innen außerhalb der Arbeitszeit online angeschaut werden (ohne Bezahlung). Des Weiteren scheint es immer wieder vorzukommen, dass Fahrer:innen vor Schichtende nach Hause geschickt werden. Dadurch werden den Leuten die ihnen zustehenden Stunden vorenthalten und damit auch um ihren Lohn (Minusstunden) gebracht.

Es macht uns wütend, dass Flaschenpost mit solchen Tricks tagtäglich versucht, den Lohn zu schmälern und den Fahrer:innen das Leben schwer zu machen. Wir sollten uns darüber austauschen, wie unsere Vorgesetzten mit uns umgehen, welche unsinnigen Regeln wir einhalten müssen und welche Tricks wir selbst tagtäglich anwenden können, um unser Leben ein kleines bisschen zu verbessern. Wir wollen die schlechte Behandlung nicht länger hinnehmen, unabhängig davon wie viel Mühe sich Unternehmen geben, sich hinter ihrem coolen Image zu verstecken.

Beim Flyer-Verteilen sind wir mit Arbeiter:innen ins Gespräch gekommen und haben viele freundliche und auch wütende Menschen kennengelernt, die von ihrem Arbeitsalltag und den Problemen erzählten. Wir haben uns über alle gefreut, die sich kurz Zeit genommen haben, mit uns ins Gespräch zu kommen. Das hat uns Mut gemacht! Uns wurde beispielsweise berichtet, dass einige Fahrer:innen (aus verschiedenen Gründen) Pausen durcharbeiten und auch Überstunden anhäufen, ohne diese ausbezahlt zu bekommen. Wir möchten noch mehr erfahren! Schreibt uns gerne eine WhatsApp-Nachricht, schickt uns eine Mail oder ruft einfach an! Anderen Arbeiter:innen geht es vielleicht ähnlich und wenn wir uns gegenseitig davon berichten und gegenseitig helfen, können wir uns auch dagegen wehren!

Als SoliNetz möchten wir eine Anlaufstelle für euch sein, wenn es Probleme gibt, bei denen wir alle zusammen direkt in Aktion treten können, um z. B. ausstehende Löhne oder einbehaltene Kaution einzufordern und auch bei Problemen mit Sachbearbeiter:innen des Jobcenters zu unterstützen. Auch in Zukunft werden wir immer wieder in Münster an verschiedenen Orten anzutreffen sein und versuchen mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Habt ihr Probleme mit eurer Chefin, dem Amt oder eurem Vermieter? Meldet euch bei uns und wir versuchen gemeinsam mit euch, eure Forderungen durchzusetzen.