Kündigung der Wohnung – Solidarische Prozessbegleitung

Eine unserer Mitstreiterinnen bat uns um Hilfe. Ihrem Vermieter ist das Mietverhältnis mit ihr und ihren drei Mitbewohnerinnen lästig geworden. Aus diesem Grund kündigte er die Mietverträge mit teilweise absurden Begründungen, bediente sich verschiedener Tricks, ließ wenig unversucht um seine Mieterinnen vor die Tür zu setzen und reichte schließlich eine Räumungsklage gegen unsere Mitstreiterin beim Amtsgericht ein. Wir begleiteten den Prozess und wollen hier davon berichten.

Das „eigene“ Zuhause nimmt in den Leben von uns allen eine sehr wichtige Rolle ein. Unser aller Leben spielt sich viel an und um diesen Ort ab. Wenn wir von unserem „eigenen“ Zuhause sprechen, meinen die meisten von uns Wohnungen, in denen wir zur Miete wohnen, die uns aber nicht gehören. Hier werden wir geduldet, solange wir unsere Miete pünktlich zahlen und sich unsere Vermieter:innen nicht plötzlich überlegen, die Immobilie doch anderweitig nutzen zu wollen.

Insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen ist es bereits schwer genug überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Hat man dann eine solche gefunden, muss man fürchten von den Vermieter:innen willkürlich vor die Tür gesetzt zu werden.

Vermieter:innen selbst haben kein Interesse daran, Rücksicht auf unsere Belange zu nehmen. Viele von uns kennen sich mit den gesetzlichen Regelungen nicht aus und einen Anwalt muss man sich zunächst leisten können. Hinzu kommt, dass man langwierige, existenzbedrohende Konflikte eigentlich nie gebrauchen kann und diesen nach Möglichkeit aus dem Weg geht. Auch der Umstand, dass Vermieter:innen in vielen Fällen langjährige Erfahrung in Sachen Mietstreitigkeiten haben und durch diese nicht riskieren ihr Zuhause zu verlieren, führt dazu, dass bei Streitigkeiten dieser Art ein krasses Machtgefälle besteht.

Auf diese Weise bekommen unsere Vermieter:innen auf unsere Kosten ständig ihren Willen. Das ist nicht nur oft unrechtmäßig sondern vorallem ungerecht!

So erging es auch einer unserer Mitstreiterinnen vom SoliNetz. Ihr, ihren drei Mitbewohnerinnen und zwei weiteren WGs im Haus wurde im Sommer 2021 erstmals gekündigt. Der Vermieter beabsichtigte die in Aasee-Nähe gelegenen Wohnungen mit jeweils sechs Zimmern zu hübschen Vier-Zimmer-Wohnungen umzubauen, welche dann für mehr Geld an Familien oder Pärchen vermietet werden sollen. Die lieb gewonnenen Zuhause zahlreicher Mieter:innen sollten zugunsten der Profitinteressen einer Einzelperson weichen.

Wie sich herausstellte war die ausgesprochene Kündigung nicht ausreichend begründet und deshalb unwirksam. Tatsächlich gibt es nur wenige Gründe in Deutschland, die es Vermieter:innen ermöglichen Mietverträge zu kündigen. Mit Hilfe des Mieter:innen-Schutzvereins wehrten sich die vier Bewohnerinnen gegen die Kündigungen und schlossen sich mit den andern WGs des Hauses zusammen. Dieser Umstand allein genügte jedoch nicht, um den Vermieter von seinem Vorhaben abzubringen. Im Gegenteil.

Es folgte eine weitere Kündigung mit unzureichender Begründung, unangemeldete
Besuche der Mietwohnungen, die Drohung die Wohnung einfach mit eigenem Schlüssel zu betreten, eine weitere (dieses Mal auf einen offensichtlich vorgeschobenen Eigenbedarf gestützte) Kündigung und schließlich im Januar 2023 die Klage vor dem Amtsgericht Münster.

Durch diese Strategie des beharrlichen Zermürbens erreichte der Vermieter den Auszug seiner Mieter:innen aus zwei von drei WGs im Haus. Einzig unsere Mitstreiterin vom SoliNetz und ihre Mitbewohnerinnen haben nicht klein beigegeben. Ein Kampf, den wir gerne unterstützen!

Zu diesem Zeitpunkt dauerte der Konflikt bereits 2,5 Jahre an, sodass unsere Handlungsmöglichkeiten leider begrenzt waren. Was wir jedoch tun konnten war unsere Mitstreiterin während des Prozesses zu begleiten und nach Kräften zu unterstützen.

Denn solche Situationen sind nie schön. Noch schlimmer ist es, diese alleine durchstehen zu müssen. Aus diesem Grund sind wir am 12. Mai zahlreich zur Gerichtsverhandlung unserer Mitstreiterin erschienen. Hierdurch wollten wir ihr nicht nur den Rücken stärken, sondern auch unsere Solidarität mit Mieter:innen zum Ausdruck bringen, denen der Verlust ihres Zuhauses droht, nur damit reiche Leute noch ein bisschen reicher werden.

Unsere deutliche zahlenmäßige Überlegenheit hat unserer Mitstreiterin den Rücken gestärkt und die ganze Situation war weniger einschüchternd für sie. Das „große öffentliche Interesse“ wurde auch vom Richter mehrmals angemerkt.

Unsere Mitstreiterin hat sich mit dem Vermieter vor Gericht darauf geeinigt, ihr Studium noch zu beenden und anschließend auszuziehen. Zudem trägt er die Kosten des Verfahrens. Das ist eine Lösung, mit der sie leben kann. Wir freuen uns, dass ihr kräftezehrender Kampf somit ein Ende gefunden hat und wir ihr zumindest ein bisschen helfen konnten. Dennoch sind wir stinksauer, dass wieder einmal günstiger Wohnraum verloren geht und die Profitinteressen hier auf lange Sicht gewinnen. Doch wir kämpfen weiter!

Uns vom SoliNetz Münster ist es wichtig, dass niemand mit Problemen alleine gelassen wird. Als Mieter:in ist man gegenüber Vermietern häufig in der schwächeren Position. Viele fühlen sich mit solchen oder ähnlichen Problemen allein gelassen und überfordert. Das wollen wir ändern! Auch ihr müsst nicht alleine kämpfen! Meldet euch bei uns, zusammen können wir uns wehren!

Lasst uns:

gemeinsam ☆ von unten ☆ kämpfen!